Deutsche Postautomation

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Historie der Kauf- und Versandhäuser


Quelle - Das historische Umfeld der europäischen Waren- und Kaufhäuser seit 1850,  Entwicklungen während des Nationalsozialismus und  der Nachkriegszeit 

82 Jahre Firmengeschichte postgeschichtlich zu betrachten, ist sicherlich reizvoll und eine Domäne der Freistempelphilatelie, andererseits aber über einen solchen Zeitraum schwierig zu strukturieren und vorzustellen. Der ehemals größte deutsche Postkunde war mit Schwerpunkt im Versandgeschäft gezwungen, vielfältig und innovativ auf modernste Logistikmöglichkeiten  zu reagieren und Automation war stets das Prinzip der Stunde. Dabei war natürlich die elektronische Datenverarbeitung ein zunehmend beschleunigender Faktor mit Beginn der 70er Jahre unter Kombination von Rechnungserstellung, Adressierung und Freimachung und wenn möglich dies alles in einem Schritt  und Arbeitsgang.
Andererseits gilt es das Versandhaus QUELLE in seinen historischen Kontext zu stellen auch bezüglich der jeweiligen konkurrierenden Warenhausgesellschaften  mit teils auch politisch bedingten Veränderungen. Schon die Quelle- Konzernstruktur über acht Jahrzehnte ist extrem komplex, ferner kommen zum Beispiel Standortverlagerungen von Auslieferungswerken und Verwaltungen, Fusionen und Auslagerungen, Verkauf von Firmenteilen u. a. hinzu. Dennoch ist es ein Versuch wert, das QUELLE- Versandhaus einmal vorzustellen.

Gustav Schickedanz geboren am 1.Januaur 1895 in Fürth, Bayern machte zunächst eine  kaufmännische Lehre bevor er 1922 einen Groß- und Einzelhandel für sog. Weiß-, Kurz- und Wollwaren in seiner Geburtsstadt in der Moststrasse 35 eröffnete und 1927 zusätzlich das  „Versandhaus Quelle, GmbH, Sitz Fürth“ in der Königswarter Str. 10.
                                 
                    
Gustav Schickedanz vorgestellt auf einem Absenderfreistempel der Quelle International AG mit dem bekannten Logo der offenen rechten Handinnenfläche im Buchstaben Q und Datum vom 13.11.1990.

Bezogen auf die Gründerzeit im Warenhausbereich kann Gustav Schickedanz  schon allg. als  2.oder gar 3. Generation eingeordnet werden. Eine nun nachfolgende Vorstellung  deutscher Warenhauskonzerne aus dieser Anfangszeit ist schon vom Verständnis her notwendig, da  später auch teils Fusionen bis in die QUELLE AG stattfanden und die kaufmännischen Entscheidungen  von G. Schickedanz sicherlich auch in Abwägung  zum konkurrierenden Warenhaussektor gesehen werden müssen.

1850 starteten die ersten Kaufhäuser und Warenhäuser in Europa. Hier ist sicherlich Peter Jelmoli aus der Schweiz als einer der Ersten zu nennen. Die Illustration stammt als Ausschnitt aus einer Ansichtskarte  von Zürich aus dem Jahr 1900.

                                                      
Es folgte der Franzose Aristide Boucicaut mit seinem weltberühmten Kaufhaus „Bon Marche“ in Paris nachfolgend vorgestellt auf einer Illustration zur Weltausstellung in Paris 1900.

                                      
                     
Die ersten Kaufhaushändler führten feste Preise im Warenhaus und Versand und die Barzahlung ein. Das war damals absolut unüblich. Der Kaufmann im Einzelhandel hatte seinen Stammkunden, verhandelte die Preise individuell, kreditierte die Außenstände bis zum Monatsende  und hatte daher häufig permanent Liquiditätssorgen für den Nachkauf seines Warenlagers. Feste Preise und Barzahlung  waren ein typisches Novum im neuen Kaufhausstil. Der Trend ging dadurch weg von wenigen und bekannten Kunden hin zu anonymen aber vielen Kunden. Durch entsprechenden Geldfluss und größere Umsätze konnten die Preise günstig gehalten werden, durch Filialenbildung steigerte sich dann wiederum der mögliche Einkaufsbonus! Es gibt vielleicht Wirtschaftsjournalisten, die vielleicht eine Erklärung wissen, aber in  Deutschland in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts  kamen ein Großteil der Warenhausgründer aus der preußischen Provinz Posen und hier spez. aus  dem Städtchen Birnbaum und waren ferner jüdischen Glaubens.
Da ist einmal die Warenhauskette Hermann Tietz  mit den Gründern Hermann und seinem Neffen Oskar Tietz zu nennen mit den späteren Hertie Kaufhäusern. Hier vorgestellt auf einem Absenderfreistempel  aus Berlin  und SW 19 war zuständig für das Flagschiff dem  Warenhaus Hermann Tietz  auf der Leipziger Strasse gegründet im Jahr 1900.


                                         
                                              Ein Jahr später feierte Hermann Tietz noch 50 jähriges Jubiläum
                        
                                     

Der nachfolgende Freistempelausschnitt demonstriert schon die Arisierung  am 24.7.1933 zur Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH.

                                        

Wir sehen das Kaufhaus Hermann Tietz am Alexanderplatz nach 1933  in arisierter „Hertieform“ mit Hertiefahnen und Leuchtreklame.

                      
Auf Einladung der Banken (!) 1933 in Abstimmung mit dem Reichswirtschaftsministerium  wurden den Tietz- Geschäftsführern zur „Vereinfachung der weiteren Verhandlung“ im Hotel Adlon, Berlin gleich die Pässe abgenommen, was wahrscheinlich  den nötigen Nachdruck der Akzeptanz zum Ausstieg aus der Geschäftsführung erzeugte.  Erstaunlicherweise durfte der Name Hermann Tietz in Hertie weitergeführt werden. Die jüdischen Eigentümer emigrierten rasch ins Ausland. Nachfolgend das Hotel Adlon auf einer Ansichtskarte aus den 1920er Jahren.

                                    
Von den durch Kreditvergabe beteiligten und dominierenden Banken wurde Georg Karg als Geschäftsführer etabliert. 1939/40 kaufte Karg die Bankanteile und Hertie ging in den Besitz der Familie über. Ein großer Teil der Filialen war durch die Teilung Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg verloren, aber im Wirtschaftswunder Westdeutschlands wurden die  größtenteils auch zerstörten Warenhäuser wieder aufgebaut, neue Standorte eröffnet und 1952 sogar die Wertheim AG eingegliedert, bevor 1994 Hertie selbst im Karstadt-Konzern aufging.  
               
                                       
  
Schon an dieser Stelle  ist noch einmal zu vermerken, dass nach Fusionen oder Eingliederungen häufig die alten Kaufhausnamen präsent blieben und für die Kunden dadurch die neue oder veränderte Konzernzugehörigkeit nicht immer bewusst sein konnte oder wurde.
             
Die Familie Tietz war in jeder Hinsicht groß. Viele Familienmitglieder, viele Kaufhäuser, vermutlich zentraler oder abgesprochener Einkauf und zahlreiche Filialen können registriert werden.  Mit Leonhard Tietz und seiner Warenhauskette ist ein weiterer großer Konzern  aus der Familie Tietz vorzustellen.
Vorgestellt auf der Ansichtskarte ist das imposante Kaufhaus Leonhard Tietz als Neunbau in Elberfeld aus dem Jahr  1912 und auch neuer Sitz der Hauptverwaltung der L.Tietz-Warenhäuser hier in der „Doppelstadt Wuppertal- Elberfeld“.

                        

                                 
Die vorm. Leonhard Tietz A.-G. ist noch dezent im Absenderfreistempel von 1933 und auf dem Briefumschlag festgehalten, ansonsten sehen wir die arisierte Form der Gesellschaft mit Westdeutscher Kaufhof AG später nur noch Kaufhof AG. 1996 Fusion mit Metro Cash & Carry  aus der Metro Group. Oktober 2008 Umwandlung in Galeria Kaufhof GmbH.

                                          

Man kann nicht behaupten, dass die Nationalsozialisten den „Krieg“ nur gegen die jüdischen Warenhäuser führten, sie trieben nur den allg. Trend vom mittelständischen Einzelhandel schon seit der Jahrhundertwende 1900  initiiert  gegen die Kauf- und Warenhäuser unter ihrem Nazimachtregime handfest ( bei jüdischen Geschäften kann der Begriff auch wörtlich genommen werden) auf die Spitze.  Obwohl die Warenhäuser in Deutschland praktisch nie mehr als ca. 6% vom Gesamtumsatz im Einzelhandel rekrutierten, wurden sie stets für den Strukturwandel  im Einkaufsverhalten  verantwortlich gemacht.  Diese Diskussionslage ist aktuell weiterhin gültig.  Am 17.12.2009 entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, dass ein Schutzanspruch alteingesessener  Geschäfte gegen Discounteransiedlungen besteht bei zu erwartender starker Konkurrenz im Nahversorgungsbereich der Bevölkerung.


Ein weiteres stets und gut  bekanntes Warenhaus mit  Gründung 1907 in Berlin  war das Kaufhaus des Westens  im Besitz von Adolf Jandorf. Hier sei vermerkt, dass auch damals schon  Investoren auftauchten. So war bei Jandorf auch die Firma Emden aus Hamburg mit investiert und wird uns später noch einmal begegnen. Das KaDeWe liegt in Berlin- Schöneberg in der Tauentzienstrasse am Wittenbergplatz und war und ist eines der renommiertesten deutschen Warenhäuser. Vorstellen möchte ich das Kaufhaus mit einem Absenderfreistempel auf einer sog. Francotypstammkarte, die den Einsatz einer frühen Baframaschine in dieser Form mit Datum vom 28.1. 1926 als Unikat ausweist.

                        

1926 ist aber auch schon das Jahr in dem  Jandorf seine Kaufhäuser  zum Januar 1927 an den Konzern von Hermann Tietz verkauft! Das KaDeWe behielt den Namen und die Werbung im Absenderfreistempel von 1937  versprach sämtliche Wünsche erfüllen zu können. Man hat eben  alles für den Kunden im Angebot und  wirbt   ohne falsche Bescheidenheit, wie der folgende Briefumschlag belegt.

                                      
Auf der Ansichtskarte aus den 1930er Jahren sehen wir an der Tauentzienstrasse links das KaDeWe und die Leuchtreklame verspricht ebenfalls ALLES AUS DEM KaDeWe.


                             
                                  Folgend der Freistempel des KaDeWe aus 1956  und  Deutsche Post im Wertstempel    
        
                                         

Gemäß den obigen Ausführungen ging das Warenhaus KaDeWe über den Hertiebesitz 1994 an die Karstadt AG, die  1999 mit der Quelle Schickedanz AG & Co fusionierte zur Karstadt/Quelle AG und sich 2007 unter dem neuen Konzernbegriff Acandor firmierte und dort wurde und wird das KaDeWe in der sog. Premium Group geführt.

Das  Wertheim  Warenhaus wurde oben schon  kurz angedeutet und bedarf an dieser Stelle einer näheren Ausführung.
Der  Warenhauskonzern der Familie Wertheim hatte seine Wurzeln in Stralsund. Nach Filialbildung in  Rostock expandierte der Familienkonzern weiter nach Berlin und baute ab 1897 an der Leipziger Strasse sein größtes und bekanntestes Warenhaus bis 1927  in mehreren Stufen aus bis hin  zu einer gigantischen Straßenfront von über 300 Metern.

                                              
Vorgestellt das Wertheim-Warenhaus an der Leipzigerstrasse mit Firmenumschlag und Absenderfreistempel. Der Brief ist  adressiert an die Porzellanfabrik Hutschenreuther in Hohenberg / Bayern.
Wertheim, Leipzigerstrasse  wirkte wie eine gotische Kathedrale (Berliner Architekt Alfred Messel) und imponierte etwas gediegener gegenüber den anderen Flagschiffen Tietz am Alex, KaDeWe und Karstadt am Hermannsplatz.

                              
                               Kaufhaus Abraham Wertheim aus den 1920er Jahren in Berlin an der Leipziger Strasse
Ausgestattet mit Palmengarten und Cafe gingen die Berliner  ins Wertheim wie zum Sonntagsausflug oder kauften z.B. Weihnachtsgeschenke, für die schon gezielt der Absenderfreistempel  aus dem Jahr 1935 wirbt.  

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Schon A. Wertheim  für Abraham W. lässt uns mittlerweile nach den oben aufgeführten Ausführungen  das Schicksal des Konzerns unter den Nationalsozialisten erahnen. Auch eine Schenkung an seine nicht jüdische Ehefrau bewahrte den Konzern nicht vor der Enteignung. Aus Wertheim wurde die AWAG (allg. Warenhaus Gesellschaft AG). Bombenangriffe  während des 2. Weltkriegs zerstörten viele Standorte, nach der Teilung Deutschlands gingen ostzonale Standorte in das Volkseigentum über und ein Neubeginn nach dem Krieg erfolgte ab 1952 mit Warenhäusern am Kurfürstendamm, Schloss- und  Wilmersdorferstrasse im Westen der Stadt Berlin. In den 1980er Jahren übernahm Hertie den Wertheimkonzern, ging seinerseits 1994 aber im Karstadtkonzern auf, der ja 1999 mit Quelle- Schickedanz fusionierte  s. auch obige Ausführungen. Interessant in diesem Zusammenhang ist zu vermerken, dass nach einem langjährigen Rechtsstreit über alte Wertheimgrundstücke in Berlin eine außergerichtliche Einigung mit der Wertheimfamilie in den USA mit Zahlung von 88 Millionen Euro durch den Karstadt-Quelle Konzern erzielt wurde.

Nach Vorstellung von Hertie, Kaufhof, Wertheim steht zum Verständnis der späteren Konzernentwicklungen noch  der Karstadtkonzern an und hier zuvor der Fusionspartner Theodor Althoff. Nach Übernahme des elterlichen Geschäfts im westfälischen Dülmen 1885  eröffnete Althoff 1904 in Dortmund am Westenhellweg das größte Kaufhaus  Westfalens, das nach der Erweiterung 1911  sein Konzernflagschiff wurde.

                                            
Seine Warenhauskette beschränkte er auf  den geographischen  Raum mit Münster, Recklinghausen, Duisburg und Dortmund. Im Absenderfreistempel von 1937 noch der Hinweis auf Althoff und seine Präsenz in Recklinghausen seit 1893.

                                                            
Ein wichtiger Standort seit 1911 war für Althoff auch in Essen an der Limbeckerstrasse mit zahlreichen Fachabteilungen auf 28.000 Quadratmeter Warenhausfläche. Althoff erkannte nach dem ersten Weltkrieg seine zunehmenden Schwierigkeiten speziell im Bereich Warenbeschaffung und Liquidität. Da der Karstadtkonzern in diesen Althoffstandorten eine günstige Filialerweiterung  sah, kam es 1920 zur Fusion unter der Rudolph Karstadt AG, wie dies auch die folgende Postkarte dokumentiert mit Theodor Althoff und Inhaber Rudolph Karstadt AG.

                                    
Auch hier liefen die Althoff- Warenhäuser unter angestammten Namen zunächst weiter. Mit der Rudolph Karstadt AG  ist der noch  letzte wesentliche Warenhauskonzern vorzustellen, zum weiteren Verständnis des historischen Umfelds für  Gustav Schickedanz und seinen Versandhaus- und Warenhauskonzern QUELLE ab 1922/ 1927.

Rudolph Karstadt wurde am 16.2.1856 in Grevesmühlen in Mecklenburg geboren. Der Vater hatte in Schwerin eine Färberei und kleinen Manufakturladen, den Rudolphs Bruder übernahm. Rudolph Karstadt selbst eröffnete 1881 in Wismar  sein erstes „Warenhaus“. Das Angebot war eigentlich noch zu beschränkt, um vom Kaufhaus zu reden, aber die Warenhausprinzipien mit Barzahlung  und festen Preisen führten zum guten Erfolg und zur ersten Filialbildung in  Lübeck. Rudolph Karstadt übernimmt 1884 auch die Familienanteile seiner Schwestern und 1900 darauf auch die 13 Filialen seines Bruders Ernst, der wohl finanziell in „ernst“haften Problemen steckte. Obwohl schon 24 Geschäftsfilialen in kleineren Städten Norddeutschlands  bis zum Jahr 1905  existieren, baut Rudolph Karstadt erst 1912 mit dem Bau des Karstadt - Warenhauses in Hamburg an der Mönckebergstrasse  sein erstes Großstadtkaufhaus  und verlegt auch hierher den Firmensitz, der zuvor in Kiel und Wismar war. Vorgestellt wird  die neue  Hauptverwaltung Hamburg  auf einem Absenderfreistempel von 1928.
                
                                                
Aber auch heute ist Karstadt in der Mönckebergstrasse  in Hamburg noch vertreten, wie die nachfolgende Ansichtskarte aus den 1960er Jahren und der  der nachfolgende Ausschnitt  aus dem Absenderfreistempel 1990  demonstriert.

                                  

                                            
Durch die oben schon erwähnte Fusion mit Theodor Althoff unter Gründung einer Aktiengesellschaft als Rudolp Karstadt AG im Jahr 1920  erhöhte sich die Zahl der Geschäftsfilialen bereits auf 44 Kaufhäuser. Die Althoff- Warenhäuser behielten in üblicher Handhabung  vorläufig ihren Namen. Obwohl R. Karstadt den dominierenden finanziellen Anteil trug, übernahm in der Geschäftsleitung die Althoff- Führungsriege mit Schwiegersohn Dr.  Friedrich Schmitz und spez. Kommerzienrat Hermann Schöndorff  das Sagen in der Karstadt AG! Besonders Schöndorffs  Wille zur unbedingten Expansion ließ die Zahl der Kaufhäuser im Konzern gegen Ende der 1930er Jahre auf fast 90 Filialen ansteigen! So verkauft die oben schon erwähnte Fa. M.  J. Emden (s. Investitionspartner bei Jandorf und KaDeWe) eine Reihe ihrer Kaufhäuser 1926 an die Karstadt AG darunter das Kaufhaus Oberpollinger in München. Vorgestellt auf der Ansichtskarte von 1906 das imposante 3gieblige Kaufhaus am Karlstor in München. Hier stand zuvor das Hotel Oberpollinger und der eingebürgerte Name wurde auf das Kaufhaus übertragen.
    
                             
Das Kaufhaus Oberpollinger München ferner mit seinem Freistempel auf einer Postkarte von 1939 und hier einmal im Ortsstempel die „ehrenvolle nationalsozialistische  Auszeichnung für München als Hauptstadt der Bewegung.

                                 
Nachfolgend das Kaufhaus Oberpollinger  aus der Nachkriegszeit  mit seiner verbliebenen Zugehörigkeit zum Karstadtkonzern  demonstriert auf einer Francotyp-Stammkarte aus 1957.

                         
Nach dem Vorgriff auf die Nachkriegszeit noch einmal zurück zur Rudolph Karstadt Aktiengesellschaft Berlin wie sie uns auf der obigen Postkarten- Anschriftenklappe aus dem Jahr 1939 vermittelt wird.

                                                                          
Die Detaildarstellung lässt uns auf der Karte im  aufgeführten Aufsichtsrat von 1939  H. Schöndorff vermissen.  Der Grund lag sicherlich einmal in der mitverantworteten schweren  unkontrollierten Expansion, speziell bei der Übernahme der Lindemann-Kaufhausgruppe 1928 mit einem in der ausbrechenden Weltwirtschaftskrise von 1929 denkbar ungünstigen Vertrag. Die nachfolgende Abbildung zeigt das Warenhaus Lindemann in Hannover zum Ende der 1920er Jahre. Die Lindemann-Gruppe war spez. im ostwestfälischen Raum etabliert.

                                         
Die Weltwirtschaftskrise von 1929 traf den Karstadtkonzern  in einer fortgesetzten  Expansionsphase.  Exemplarisch und stellvertretend  ist dies auch am neuen Warenhauskomplex am Hermannplatz in Berlin erkennbar. 1929 war hier das größte Kaufhaus Berlins  entstanden mit über 70.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.

                          Vorgestellt mit einem Absenderfreistempelabschlag aus dem Eröffnungsjahr 1929  

                                                                           
Das Konzept war für damalige Verhältnisse gigantisch: Tiefkelleretagen mit direktem U-Bahnzugang (damaliges Novum), Aufzug für kompletten Lastwagen bis 2 1/2Tonnen, Rolltreppen und Fahrstühle jeweils 24 Stück und 4.000 Mitarbeiter sorgten für den reibungslosen geschäftlichen Ablauf. Auch äußerlich war das Karstadthaus am Hermannplatz  mit seinen zwei jeweils knapp 60 Meter hohen Türmen recht imposant.                
                    
                 
Dieser Anblick war später Adolf Hitler stets nach seiner Ankunft vom Flughafen Tempelhof und der Fahrt über Neukölln zur Reichskanzlei  ein ungeliebter Anblick  im Stil amerikanisch- jüdischer Kaufhausgigantomanie. Andererseits gibt es zu seinem eigenen Faible  an Kolossal- und Monumentalbauten von Staats- und Parteipalästen  mit  seinem Architekten Albert Speer genügend passende Literatur.
In der Weltwirtschaftskrise wurden alle Wirtschaftszweige umbarmherzig getroffen! Karstadt am Hermannplatz lief übrigens noch schlechter als die anderen Standorte, da hier auch die Kaufkraft aus dem Einwohnerumfeld besonders betroffen war, daher mussten 2 der 6 Etagen geschlossen werden. 1931 kann Rudolph Karstadt die Aktiengarantie an die Lindemanngruppe auch aus eigenem Vermögen nicht mehr finanzieren, ein belastender Amerikakredit  und der Konkurs am 31.7.1931 der Danatbank (Hausbank der Karstadt AG) und damals zweitgrößten Geschäftsbank in Deutschland  steigern sich zum finanziellen Fiasko. Vorstellung der Danatbank mit einem frühen Absenderfreistempel und Datum vom 27.8.1925.     

                                     
Ein Sanierungsplan für die Rudolph Karstadt AG  wurde unter Bankenkuratel entwickelt. Die zuvor  1926 gegründete Billigkette „EPA-Einheitspreis AG“ wurde an die Banken unter  Rückkaufsrecht  verkauft, 23 unrentable Filialen wurden bis 1933 geschlossen. Die letzten Zeilen vermitteln erstaunliche Parallelen zum eröffneten Insolvenzverfahren der Karstadt-Nachfolgegesellschaft Arcandor vom 9.6.2009 beim Amtsgericht in Essen. 1933 wurde der Vorstand im Sanierungsfall Karstadt  arisiert, dies war sicherlich ein weiterer Grund des Ausscheidens von Schöndorff als jüdischer Anteilseigner. Rudolph Karstadt zieht sich aus dem Vorstand  und nach finanziellem  Desaster in seine Heimatstadt Schwerin zurück. Theodor Althoff stirbt  in diesem folgenreichen Jahr 1931 und sein Sohn Heinrich Althoff  tritt in den Vorstand ein. Eigene Fabrikationsfirmen werden abgestoßen, Trennung von Beteiligungen und  Filialen im Ausland und die Verlegung der  Hauptverwaltung  Anfang 1932 aus Hamburg nach Berlin- Mitte (Postbezirk NO 43)  in der Neuen Königstrasse mit zentralem Einkauf und Organisation sollen die Rudolph Karstadt AG retten.

                   Absenderfreistempel der neuen Hauptverwaltung in Berlin, Neue Königstrasse von 1932 bis 1935.

                                                          
Ironischerweise verkauft man den neuen Verwaltungssitz in Berlin-Mitte schon 1936 an das Reichsfinanzministerium für 15 Millionen Reichsmark und setzt sich in Berlin-Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz kleiner.

                             
Die Arisierung  nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Karstadtkonzern war durchgängig mit Entlassung von über 800 jüdischen Mitarbeitern von der Verkäuferin bis zum Vorstandsmitglied.
Die Konsolidierung der Rudolph Karstadt AG vor dem Krieg gelingt, auch wenn weitere Erschwernisse  seitens der nationalsozialistischen Regierung gegen die Kauf- und Warenhäuser seltsame Einschränkungen  durchsetzten. So durften die Kauf- und Warenhäuser ab 1935 keine Erfrischungsräume mehr mit Restaurants und Cafes  für die Kunden vorhalten. Die verbliebenen 67 Karstadt- Kaufhäuser vor Kriegende arbeiteten wieder rentabel, die Banken verdienten gute Renditen an ihren hinterlegten Aktienpaketen für die gewährten Kredite. Der zweite Weltkrieg bedeutete für Karstadt dann den Verlust der 22 ostzonalen Standorte durch Enteignung und die verbliebenen westzonalen Warenhäuser waren durch die Innenstadtlagen und den allumfassenden Bombenangriff (allein nur in 1944 über 1,2 Millionen Tonnen Fliegerbomben auf deutsche Städte) zu zwei Dritteln zerstört.

                                                  
Die Fotopostkarte des Studios Schmidt-Fuchs in Hamburg zeigt das ausgebrannte Karstadthaus an der Mönckebergstrasse nach dem Luftangriff mit Datum vom 18.6.1944.
Gegen Kriegsende bildete die Karstadt AG unter Zeitdruck dezentrale Verwaltungsstützpunkte in Berlin, Hamburg und Recklinghausen, um der Immobilität durch die angekündigte alliierte Zonenbildung zu entgehen. Es gelingt dadurch die westzonalen Karstadtstandorte - zerstört oder unzerstört - „im Griff zu halten“ und einigermaßen handlungsfähig zu bleiben. Warenbeschaffung und besonders die brachliegenden Transportmöglichkeiten sind in der Nachkriegszeit das größte Problem. Örtlich versuchen die Geschäftsleiter auch in eigener Regie die Probleme zu meistern und dies teilweise sogar durch Warentauschgeschäfte! Die Häuser wurden mit geringsten Mitteln wieder verkaufsfähig gemacht, von Renovierung kann nicht gesprochen werden. Die Karstadtmitarbeiter sind die Stützte in dieser Zeit des Restunternehmens. Langsam verbessert sich die Lage durch die Einrichtung der Bi-Zone (die Franzosen bleiben noch außen vor) und wesentlich durch die am 21.6.1948 stattgefundene Währungsreform.

       
Hier einmal das Jubiläum 60 Jahre Währungsreform auf einer modernen Infopost-Illustration  als Service der deutschen Post aus 2008 vorgestellt mit neugierigen Menschen vor den Kaufhausfenstern wohl der Fa. Wohlwert (Achtung entspricht nicht der Fa. Woolworth) mit den Slogans neue Währung - neue Preise.
Durch Umzug von Recklinghausen nach Essen 1950 an den Limbecker Platz werden die  Wege der Karstadtverwaltung zunehmend zentral Richtung Ruhrgebiet  verlegt.

                       
                             In der Abbildung imponiert im Absenderfreistempel das Li  von Limbeckerplatz wie ein U.

                                              
Hier im alten Althoffhaus (Ansichtskarte aus den 1920er Jahren) in Essen am Limbecker Platz fand die Verwaltung der Karstadthäuser nach dem 2. Weltkrieg  ihren vorläufigen neuen Hauptsitz. Das deutsche Wirtschaftswunder nach 1950 erlaubt wieder Umbau und Renovierung der Filialen aber auch neue Standorte  werden erschlossen und im Nachhinein erweisen sich noch die unter der Schöndorff- Ära erworbenen „Vorratsimmobilien“ in den Innenstadtlagen als wertvoll.  1963 wird die Rudolph Karstadt AG zur Karstadt AG.

                                         
                   Freistempel der Karstadt AG 1964, Verwaltung Essen, Limbecker Platz , zweistellige Postleitzahl
Mitte der 1960 Jahre werden schon wieder Konzernanteile (Grimme, Schleswig-Holstein) eingekauft    und  Ende 1969 war der neue Verwaltungssitz der Karstadt AG in Essen- Bredeney an der A52 vollzogen, dargestellt auf dem folgenden Firmenfreistempel.

                                       
 Vermutlich in Erinnerung an den alten Fusionspartner aus 1920 liegt die neue Karstadt- Verwaltung an der Theodor- Althoff- Strasse  wie der Freistempel aus 1979 belegt (noch 2stellige PLZ!).
Aus 1971 ist eine erste nähere Geschäftsbeziehung Karstadt- Quelle zu vermelden. Gustav Schickedanz, seit 1962 im Reisegeschäft etabliert, fusioniert  auf dem Reisesektor mit Karstadt  und beide Gesellschaften gründen die Tochtergesellschaft Transeuropa, die allerdings schon 1972 im TUI- Reisekonzern  untergebracht wurde, dabei blieben Investitionsanteile erhalten und Karstadt und Schickedanz  wurden dadurch bei TUI  mitbeteiligt.
Ende 1977 erreicht Karstadt die Mehrheitsbeteiligung bei NECKERMANN und sucht damit den Einstieg in den Versandhandel und den Ausbau im Reisegeschäft.
            
                                 
Vorstellung der Neckermann- Versand AG, 6000 Frankfurt auf einem Postgut- Nachnahme Adressaufkleber im EDV-Verfahren aus 1978, Detailerläuterungen zu dieser Form der postalischen Freimachung werden im späteren Quelleabschnitt ausführlich folgen. 1984 wird Neckermann komplett von Karstadt übernommen und  damit hatte Karstadt im Reisegeschäft die von Neckermann  erst 1964 gegründete und erfolgreiche Reisetochter N-U-R  im Konzern integriert.
1981 zum 100jährigen Jubiläum besitzt die Karstadt AG 155 Warenhäuser und zählt rund 75.000 Mitarbeiter. 1986 Aufbau eines Zentrallagers in Unna/ Westfalen (nebenbei bemerkt, ist Unna meine Kreisstadt und in Holzwickede war nach Übernahme eines DHL-Lagers  die zentrale Verteilung und Logistik für den Medienbereich von Karstadt/Quelle untergebracht. Dieser Teil wurde in 2009 bereits abgewickelt und stillgelegt!).
1989/1990 Grenzöffnung und Wiedervereinigung  führen zum Kaufboom in den Westberliner- und DDR- nahen Warenhäusern. Nachfolgend werden die DDR- Kauf- und Warenhäuser unter den westdeutschen Kaufhauskonzernen „aufgeteilt“. Dabei wurden westdeutsche Wirtschaftsprinzipien auch  mit entsprechender Mitarbeiterführung ohne „wenn und aber“ übergestülpt.  Stellvertretend werden nachfolgend für die DDR- Ketten Magnet, Centrum  und Konsument zwei Absenderfreistempel  aus Karl-Marx-Stadt vorgestellt.

                                                      
Die Konsument-  Kauf- und Versandhäuser der Konsumgenossenschaften waren eher in Mittelzentren der DDR zu finden, während die  Centrum- Warenhäuser vorwiegend in den Großstädten angesiedelt waren und privilegiert  als geplante Unternehmen der Handelsorganisation der DDR (HO)  ausgestattet und beliefert wurden.

                                      
Das vorgestellte Beispiel aus Karl-Marx-Stadt  (heute wieder Chemnitz)  ging übrigens nicht im Karstadtkonzern auf, der sich die Standorte Magdeburg, Dresden, Görlitz,  Halle und natürlich Wismar sicherte,  schließlich war Wismar der  erste Kaufhausstandort  von Rudolph Karstadt 1881 gewesen.

                                  
                          Stellvertretend hier einmal das Centrum Warenhaus in Suhl/Thüringen aus der DDR- Zeit
Die Übernahme der Hertie Waren – und Kaufhaus GmbH 1994 war schon weiter oben einmal vorgestellt worden. Damit kann im Karstadtkonzern nun auch noch  neben KaDeWe und Oberpollinger noch das dritte Kaufhaus aus der Karstadt- Premium- Group vorgestellt werden, das aus dem ehemaligen  Hermann Tietz-  Besitz stammende Alsterhaus in Hamburg.
                               
Vorgestellt das Alsterhaus in Hamburg  auf einer Postkarte aus dem Jahr 1940 und auf einem Absenderfreistempel aus dem Jahr 1995.
                                              
Das Jahr 1999 bringt die Fusion des Karstadtkonzerns mit der  Quelle Schickedanz AG  zur Karstadt/Quelle AG, deren gemeinschaftlicher Weg  später in einem weiteren Punkt der Gliederung  abgehandelt wird.
An dieser Stelle folgt nun der zweite Abschnitt zum Thema Quelle mit Gründung und Entwicklung zu Europas größtem Versandhauskonzern und damit auch zum größten Kunden der Deutschen Post.



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