Einführung: Automation im Briefannahmebereich
100 Jahre Automation im Briefannahmebereich der deutschen PostAllein schon der Titel wird sicherlich viele Interessierte verblüffen. Aber tatsächlich gibt es schon seit einem Jahrhundert immer wieder Automationsversuche der deutschen Post den Postschalterbetrieb zu entlasten durch Automaten, die entweder nur Teilbereiche der Briefannahme wie der „Einschreibautomat“ oder die komplette Briefaufgabe wie die „Briefstation“ leisten konnten. Länder wie Ungarn und USA haben hier schon sogar länger zurückliegende Automationsversuche!
Dabei hat es sich bisher ( Stand Januar 2008 ) stets nur bemerkenswerterweise um Betriebsversuche gehandelt, die teilweise zwar längere Zeit liefen, aber nie zur flächendeckenden Installation geführt haben.
Da diese Betriebsversuche dem Postschalterbetrieb vorgelagert waren, war hier der Postkunde selbst durch die Bedienung der Automaten beteiligt im Gegensatz zur Automation im Schalterbereich bzw. in der weiteren Briefbearbeitung. Trotzdem sind diese Betriebsversuche häufig wenig beachtet worden, erst mit dem „ABAS“- System im Dezember 1995 begleitete auch die Sammlerschaft vermehrt diesen Automationsbereich.
Im Gegensatz zur Automatenbriefmarke haben wir praktisch im Briefannahmebereich eine reine Briefbeleg- Dokumentation.
Mit dem Einschreib- Automatenbrief von Berlin C2 mit Datum vom 9.November 1909
wird auch der Ersttag der Inbetriebnahme des ersten dt. R-Automaten dokumentiert
Der Einschreibautomat versah nicht nur nach Kurbelbetätigung den vorfrankierten Umschlag mit seinem R-Stempel und deponierte den Brief im Automaten, sondern druckte als Beleg ein passendes Pedant von einer Quittungsrolle für den Benutzer ähnlich unseren heutigen ATM- Automaten!
Ersttagsquittung Berlin C2 vom 9.11.1909
Zur ergänzenden Information: 054 entspricht der fortlaufenden Registriernummer und das Datum wurde dokumentiert von links nach rechts mit Monat , Tages- und dann Jahreszahl!
Ca. 25 Einschreib- Automaten in 15 Städten liefen größtenteils bis zur Inflationszeit teilweise aber auch bis Anfang der 30er Jahre (1931) und wurden von einem weiteren Automationsversuch im Briefannahmebereich der deutschen Post 1931 den sog. Münzfreistemplern abgelöst.
Die Firma Hänel & Schwarz aus Berlin installierte im April 1931 am Potsdamer Fernbahnhof im Schalterraum einen elektrisch betriebenen Briefannahmeautomaten für einen Betriebsversuch, der gegen Münzeinwurf einen eingeführten Brief je nach Versendungswunsch in den möglichen Wertstufen zwischen 5 und 45 Pfg. in 5Pfg.- Schritten mit einem Freistempelaufdruck versah und danach in sein Briefkastenfach vereinnahmte. Einen weiteren Automaten der gleichen Firma im Handkurbelbetrieb gab es noch mit einer einzelnen festen 6Pfg. Portostufe für Postkarten in Berlin Charlottenburg 5, ferner während der Sommerperiode zugänglich im Strandbad Wannsee und zu Ausstellungen auf der Messe Witzleben. Diese Münzfreistempler liefen von 1931 bis ca. 1939 und wurden wenig beachtet. Die dt. Reichspost konnte sich nicht zur flächendeckenden Aufstellung entschließen und es blieb beim Betriebsversuch. Ein Unterkapitel Münzfreistempler ist geplant und neueste Forschungserkenntnisse werden dazu berücksichtigt speziell im Bereich der Automaten der Fa. Hänel&Schwarz.
Münzfreistempler W9 15Pfg. mit Zusatzfrankatur 50Pfg. auf Postkarte USA Schleuderflug
Ein weiterer Betriebsversuch mit Münzfreistempel- Automaten lief noch kurzfristig von 1954 und 1955 in Berlin W15 und Neukölln und wurde von den Berlinern als „Beamtentod“ bezeichnet. Aber der Versuch war nur für den Automaten „tödlich“, kein Schalterbeamter war in seiner Dienststelle durch diesen Automaten bedroht.
Die Abbildung zeigt den Francotyp Münzfreistempler aus dem Betriebsversuch 1955 in Berlin- Neukölln auf einer Ortspostkarte vom 5.5.1955
Erst im Dezember 1995 kam es dann wieder mit dem „Automatischen Briefannahmesystem“
(ABAS) der dt. Bundespost zu einem erneuten Betriebsversuch, der allerdings ebenfalls im Oktober 1996 wohl mit dem Urteil „ nicht flächendeckend geeignet“ das Schicksal seiner Vorgänger teilte.
Abbildung zeigt ABAS- Ersttagsbrief aus Leipzig im System Olivetti. Die ABAS- Briefannahmeautomaten hatten im System der beteiligten Firmen von IBM, Olivetti und Siemens- Nixdorf integrierte Münzwertzeichendrucker für Automatenmarken von Nagler und Klüssendorf. Im Naglergerät war parallel ein N 104 eingebaut und dadurch separate Bedienung.
Im Jahr 2002 ab April wurde erneut ein Betriebsversuch im Briefannahmebereich mit dem Kürzel PDL für PostDienstLeistungs-Automat gestartet durch die koreanische Firma Samkyung mit integriertem Sielaff- ATM- Drucker ( Abbildung s. oben). Bereits nach einem Jahr war auch dieser Versuch 2003 - mit 18 Standorten quer durch Deutschland verteilt- beendet und die gleiche Firma startete erneut unter ähnlichem Konzept die sog. Briefstation dann nur noch an 3 Versuchsstandorten in Köln ab 1. August 2005.
Die Briefstation hat einen integrierten ATM- Sielaff- Drucker und das Stempelsystem Frankit.
Dieser Versuch endete am 19.5.2008 mit seinem letzten Standort in Köln auf der Goltsteinstrasse. Aber der Druck zur Automatisierung speziell auch im Briefannahmebereich ist groß und Neuentwicklungen der Briefstation der Firma Telefrank führten schon zum 1.10.2008 zum erneuten Betriebsversuch.
Die Abbildung zeigt einen Ersttagsbrief der Briefstation System "Telefrank" vom 1.10.2008.
Bei der geplanten ausführlichen Ausarbeitung des Kapitels werden nicht nur die oben genannten und teilweise abgebildeten Betriebsversuche sondern auch natürlich das PIA- und auch PEH- System zur Portoinformation von Nagler und Olivetti bzw. Sielaff detailliert besprochen.
Der PIA- Automat von Mettler- Toledo wurde ja bereits im Kapitel Automatenbriefmarke dargestellt, da hier ein eigenständiger Wertzeilenaufdruck im Sanssouci- Vordruck zu verzeichnen war. Auch das Konzept der Selbstbedienungspostämter der DDR sollte natürlich hier nicht fehlen. Aber schon diese Einführung zeigt, wie komplex auch die Automation im Briefannahmebereich geworden ist.